Physiker berechnen Eigenschaften exotischer Materialien
Forscher formulieren Theorie zu sogenannten bosonischen Quanten-Quasikristallen
Ein internationales Team von Physikern unter Beteiligung der Universit?t Augsburg hat eine Theorie entwickelt, mit der man die Eigenschaften sogenannter bosonischer Quanten-Quasikristalle berechnen kann. Die exotischen Materialien sind im Experiment noch nicht beobachtet worden, sollten sich aber herstellen lassen. Sie k?nnten unter anderem in zukünftigen Quantencomputern zum Einsatz kommen. Die Studie wurde nun in den Physical Review Letters ver?ffentlicht. Wenn Wasser auf null Grad abkühlt, gefriert es zu Eis. Dabei entsteht ein Kristall, in dem jedes der zuvor ungeordneten Wassermoleküle einen festen Platz einnimmt. Man kann sich diese Anordnung etwas vereinfacht mithilfe eines Rechenpapiers vorstellen. Die Moleküle sitzen dabei auf den Punkten, wo sich die horizontalen und vertikalen Linien kreuzen. Mal angenommen, auf dem Papier und der Folie w?re kein Karomuster, sondern eine Art Uhr abgebildet. Genauer gesagt: lediglich der Mittelpunkt, um den normalerweise die Zeiger rotieren, und zw?lf ebenfalls punktf?rmige Stundenmarken. Dieses Muster würde - ?hnlich wie die Karos - immer wiederholt, sodass es das ganze Blatt bedeckt. ? Der Physiker hat mit seinen Kollegen aus Brasilien und Dresden eine spezielle Sorte von Quasikristallen untersucht - die sogenannten bosonischen Quanten-Quasikristalle. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Teilchen, aus denen sie bestehen, sich in mancher Hinsicht v?llig identisch verhalten. Das ist vergleichbar mit Lichtteilchen in einem Laserstrahl, die alle in exakt derselben Weise hin- und herschwingen, wie bei einem Gruppentanz. In der Physik spricht man auch von Phasen-Koh?renz. Noch muss sich in der Praxis zeigen, ob sich Quanten-Quasikristalle herstellen lassen und sie sich dann tats?chlich so verhalten, wie es die Berechnungen vorhersagen. Falls sie das tun, lassen sich mit der Theorie aber gezielt Materialien mit bestimmten Eigenschaften designen, etwa für künftige Quantencomputer. Diese k?nnen gewisserma?en bei manchen Problemen verschiedene L?sungsm?glichkeiten gleichzeitig ?durchprobieren“ und kommen daher sehr viel schneller zu einem Ergebnis als herk?mmliche Rechner. Eine unab?nderliche Konsequenz dieses Funktionsprinzips ist jedoch, dass sie sich manchmal verrechnen.
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Mal angenommen, man legt auf dieses Blatt eine transparente Folie, auf der dasselbe Karomuster aufgedruckt ist. Dann kann man die Linien auf der Folie mit denen auf dem Blatt zur Deckung bringen. Das klappt nicht nur an einer einzigen Position: Wenn man die Folie sukzessive nach oben oder zur Seite verschiebt, gelangen die Muster irgendwann wieder zur Deckung. ?Diese Eigenschaft ist für Kristalle charakteristisch“, erkl?rt Prof. Dr. Francesco Piazza vom Institut für Physik der Universit?t Augsburg. ?Sie lassen sich durch Verschieben auf sich selbst abbilden.“?Quasikristalle sind ausschlie?lich rotationssymmetrisch
Man legt nun die Folie wieder so auf das Papier, dass sich beide Muster decken. Wenn man die Bl?tter nun gegeneinander verschiebt, geht diese Deckung unwiederbringlich verloren. ?Wenn man die Folie jedoch dreht, dann kommen die Stundenmarken irgendwann wieder aufeinander zu liegen“, sagt Piazza. ?Diese Rotationssymmetrie ist eine Eigenschaft, die für sogenannte Quasikristalle typisch ist. Zwar gibt es sie bei echten Kristallen auch, dort sind aber nur bestimmte Drehungen m?glich - beim Karomuster beispielsweise um 90 Grad. Quasikristalle k?nnen aber zum Beispiel wie bei dem Uhren-Muster eine 12-fache Rotationssymmetrie aufweisen, die bei Kristallen verboten ist.“
Kristalle lassen sich durch Energiezufuhr anregen. Wenn man beispielsweise mit den Fingern gegen einen Eiswürfel schnippt, beginnt er zu schwingen. ?Wir nennen diese Anregungen Phononen“, erkl?rt Piazza. ?Bei einem zweidimensionalen Eiskristall gibt es genau zwei davon, je nachdem, aus welcher Richtung man gegen ihn schnippt.“ Bei Quasikristallen ist das ?hnlich. Neben den beiden Phononen gibt es jedoch noch einen Anregungstyp, die Phasonen. Auch davon gibt es in einem zweidimensionalen Quasikristall zwei.
?Wir konnten nun zeigen, dass es bei Quanten-Quasikristallen noch einen anderen Anregungsmodus gibt, die kondensierten Schallwellen“, sagt der Physiker. Sie sind eine Konsequenz der Phasenkoh?renz von Quantensystemen. Je nachdem, welcher Rotationssymmetrie die Teilchen im Quasikristall gehorchen, kommen diese drei Anregungsmodi zudem nicht in Reinform vor. Es gibt also Anregungen, die in manchen ihrer Eigenschaften Phononen ?hneln, in anderen Phasonen und in wieder anderen kondensierten Schallwellen. ?Unsere Theorie beschreibt bildlich gesprochen das Mischungsverh?ltnis, das in verschiedenen Arten von Quanten-Quasikristallen zu erwarten ist.“Quantenrechner irren manchmal
In Quantencomputern führt man daher jede Berechnung Dutzende oder sogar Hunderte Male durch und entscheidet sich dann - vereinfacht gesagt - für das h?ufigste Ergebnis. Da Quanten-Quasikristalle (im Vergleich zu den aktuell in Quantenchips eingesetzten Materialien) zus?tzliche Anregungsmodi haben, ist in ihnen diese Redundanz gewisserma?en eingebaut. ?Theoretisch sollten sich damit neue effizientere Quantenrechner bauen lassen“, hofft Piazza. ?Ob das wirklich funktioniert, muss sich aber noch in weiteren Forschungsarbeiten zeigen.“
Publikation: A. Mendoza-Coto, M. Bonifacio, und F. Piazza: Low-Energy Excitations in Bosonic Quantum Quasicrystals; Physical Review Letters;
https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.134.136003?
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