2018 Rückschau Fortbildungen
Am 8. Juni 2018 fand der 3. Werkp?dagogische Tag statt, an dem sich über 450 Werklehrkr?fte und Ausbilder*innen aller Schularten und Ausbildungsinstitute, die im Fachunterricht Werken/ Design t?tig sind, beteiligten. Mit au?erordentlicher Qualit?t überzeugte die von den Teilnehmenden mit Werkstücken gefüllte Ausstellung mit Schülerarbeiten aus dem Unterricht, die nicht nur zu einem intensiven Dialog über die Inhalte und Ziele des Werk- und Designunterrichts geführt, sondern die auch das Werken als wesentlichen Bestandteil kultureller Bildung veranschaulicht haben – so wie Technik und Design Ph?nomene menschlicher und kultureller Entwicklung sind.
An der Begrü?ung der G?ste beteiligt war Frau Studiendirektorin Ursula Beer, die im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst die Wertsch?tzung dieser Tagung seitens des Kultusministeriums zum Ausdruck brachte.
Der Vortrag von Prof. Dr. Hubert Sowa "Probleml?sendes Gestalten im Werkunterricht" zeigte auf, dass das r?umliche Denken konkreten Niederschlag im Umgang mit dem Werkstoff findet, dem Material. Hierzu geh?ren Skizzen und Entwurfsprozesse, die in eine angemessene funktionale wie gestalterische L?sung münden. Rückt das Probleml?sen in den Fokus, dann sind mit den Entwurfsprozessen darüber hinaus immense Vorstellungsf?higkeiten verbunden. Gestaltung ist eine spezifische Formqualita?t der handwerklich- technischen Hervorbringung, diese setzt technische Kompetenzen voraus, die auch ?sthetische und geistige Momente einschlie?t, erl?utert Sowa. Die ?berlegung, dass niemand lehren und zeigen kann, was er selbst nicht beherrscht, dass dies sogar als ?halsbrecherisches Unternehmen“ zum Misserfolg führen muss, verdeutlichte, dass nur echtes K?nnen zu lehrbarem K?nnen wird. Schrittweises Lernen als eine durchdachte Folge von Kl?rungen und die damit unverzichtbaren Verdeutlichungen im Zeigen und Vormachen liegen jedem Lernprozess zu Grunde, ob es um Konzepte von Rembrandt, Rodin oder Moore, um die Arbeitsweise von Ingenieuren bei der Hardware-Entwicklung oder um die Vermittlung der Formgebung bei einem konkreten Werkstück geht. Visuell stellte Prof. Dr. Sowa dies an exemplarischen Zeichnungen dar, mit deren Hilfe in unterschiedlichen Situationen ein Problem durchdrungen und schrittweise die L?sung erarbeitet werden kann.
Daran anschlie?end waren zwei Vertreter aus der Industrie gebeten, ihre Erwartungen an den Werkunterricht zu ?u?ern. Michael Bumann, Ausbildungsleiter und zust?ndig für Personalentwicklung der Wieland-Werke AG, die weltweit Halbzeuge aus Kupfer und Kupferlegierungen u.a. für die Automobilindustrie, den Maschinenbau, für K?lte-, Klima- und Heizungstechnik, für den Bau und die Elektronik herstellt, knüpfte an der eigenen Firmengeschichte an: Denn die heutige Wieland Gruppe ist vor knapp 200 Jahren aus einer Kunst- und Glockengie?erei hervorgegangen. Dies zeigte, wie Berufsfelder sich entwickeln - und dass hierauf auch in der Ausgestaltung der Schulf?cher reagiert werden muss. Die Kenntnis von Werkstoffen und Werkverfahren, das Gefühl für technische Fragen, für Arbeitssicherheit und Produktionsabl?ufe und das Bewusstsein für Qualit?t und Pr?zision waren ihm wichtig. Nicht zuletzt benannte er die positive Grundeinstellung zu handwerklichen T?tigkeiten, die schulisch vermittelt werden sollte.
Herr Simon Flandi, der für die Personalentwicklung der Firma PERI GmbH zust?ndig ist und die Ausbildung sowie das Duale Studium in seinem Unternehmen leitet, führte aus, dass der PERI Gründer das Ziel verfolgt hat, die Arbeiten an gro?en Bauma?nahmen zu optimieren und hierfür innovative L?sungen zu bieten. Die Problemstellung der Arbeitserleichterung und der Sicherheit am Bau wurde und wird von dem Unternehmen konsequent verfolgt, auch im Umgang mit technischen L?sungen und immer neuen Werkstoffen. Die PERI GmbH stellt Schalungssysteme sowie Gerüste für Wohn- und Industriebau, für Brücken- und Tunnelbau, Hochh?user oder Wasserbau her. Als ?Rohdiamanten“ bezeichnete er die Schüler*innen, die als Nachwuchs bei den Fachkr?ften zukünftige S?ulen der Wirtschaft sein werden. Sein Anliegen ist es, Jugendliche auf ihrem Weg optimal zu unterstützen. Die Schulen l?dt er deshalb ein, Fachpersonal in den Unterricht zu holen und Ausbildungsbetriebe zu besuchen, und so ein Netzwerk aus Schule und Betrieben zu schaffen als Erg?nzung zu einem zeitgem??en Unterricht, der Basiswissen vermittelt und in dem eine Werklehrkraft sich selbst auch als Coach bei der Berufsfindung sieht.
Prof. Dr. Karin Aschenbrücker rundete die Vortragsfolge als Professorin für Wirtschafts- und Berufsdidaktik an der Universit?t Augsburg und derzeit auch Wissenschaftliche Direktorin des Zentrums für Lehrer*innenbildung und interdisziplin?re Bildungsforschung inhaltlich mit einer Forschungsperspektive ab. Sie widmete sich der Faserverbundtechnologie in Schulen - mit dem Ziel, ein Grundverst?ndnis für die Faserverbundtechnologie bei den Schülerinnen und Schülern zu f?rdern und Interesse an deren Anwendungsm?glichkeiten in Beruf und Alltag zu wecken. Wie es gelungen ist, das innovative Themengebiet der Faserverbundtechnologie am Beispiel Carbon in schulische Curricula zu implementieren und begleitend Programme beruflicher Aus-, Fort- und Weiterbildung zu evaluieren, stellte sie evidenzbasiert vor. An der Erstellung des Lehr- und Unterrichtsmaterials waren auch Lehrkr?fte der Realschule beteiligt, die Informationsbl?tter erarbeitet und in ihrem Unterricht Modelle der Vermittlung erprobt hatten – mit dem Schwerpunkt ?Forschendes Lernen“. Mit Aschenbrückers Vortrag wurde deutlich, wie die Verzahnung von Forschung und Ausbildung, Lehre und Unterrichtspraxis gelingen kann. Zugleich wurden die Werklehrkr?fte ermuntert, die Kooperationen auch mit den Ausbildungsinstituten aufzunehmen und auszubauen.
Inhaltlich haben alle vier Vortr?ge dazu beigetragen, das Fachverst?ndnis im Bereich ?Werken/ Design“ weiterzuentwickeln, weil sich die unterschiedlichen Zielrichtungen und Erwartungen nicht nur sinnvoll erg?nzt haben, sondern auch Schnittmengen, Verdichtungen und gemeinsame Perspektiven deutlich wurden: Kulturelle Entwicklung ist getragen von handwerklichem Tun, gepaart mit kreativem Denken und dem Ringen um zukunftsf?hige Probleml?sungen. Insofern ist Werken immer auch geistige Anstrengung und geistige T?tigkeit. Anthropologisch gesehen ist das handwerkliche Tun noch immer Fundament unserer kulturellen Errungenschaften. Denken ist an das Tun mit den H?nden gebunden, dies zeigen auch immer mehr neurowissenschaftliche Studien. Die L?sung eines werktechnischen Problems erweist sich u.a. im Umgang mit dem Material, in der Auseinandersetzung mit dem Widerstand eines Werkstoffes. Davon h?ngen auch die ?sthetischen Qualit?ten der Gestaltungspotenziale ab. Rein digitale Probleml?sungsstrategien haben hier keine Chance, obgleich natürlich digitale Planungsinstrumente mittlerweile unverzichtbar sind. Deutlich wurde, dass mit dem kulturellen Fortschritt, der auch durch das Werken/ Design in den Schulen getragen wird, wesentliche bildungstheoretische, politische und ?konomische Interessen einhergehen. Die schulischen Inhalte und das Fachverst?ndnis müssen sich fortw?hrend an technische Neuerungen und aktuelle gesellschaftliche Anforderungen anpassen. Kulturelles, technisches, ?konomisches und ?kologisches Bewusstsein sollen gef?rdert und eine berufliche Orientierung soll erm?glicht werden. Das hei?t, Ausbildungsinstitute, Lehrkr?fte und Lehrplangestalter müssen selbst h?chst kompetent den kulturellen Wandel verfolgen. Daraus resultieren konkrete Fragen: Wie entwickeln sich z.B. Berufsfelder? Müssen Recyclingverfahren st?rker berücksichtigt werden? Sind beispielsweise 3-D-Drucker in der Schule n?tig? Welches Wissen ist etwa zu thermoplastischen Holzwerkstoffen erforderlich? Oder k?nnen diese Wissensbest?nde nicht bei Bedarf recherchiert werden? Sollte der Schwerpunkt im Unterricht st?rker auf dem Probleml?sen oder der Gestaltung, dem Urteilsverm?gen oder dem Umweltschutz liegen?
Es sind mehr Fragen gestellt als Antworten entwickelt worden, aber nicht zuletzt die Ausstellung und die über 50 Stationen, die nach dem Mittagessen den weiteren Verlauf der Tagung bestimmten, haben innovative und zukunftsweisende Projekte für den Design- und Werkunterricht vorgestellt. Hier fand intensiver Austausch miteinander statt, es wurden werk- und designdidaktische Impulse weitergegeben, Kooperationen angebahnt, neuste Technologien und Materialien vorgestellt, so dass viele Anregungen und interessante Blickwinkel er?ffnet werden konnten, um darüber nachzudenken, in welcher Weise das Werken bzw. die Umwelt- und Produktgestaltung in den Schulen weiterentwickelt werden kann. Interessiert und zugleich überraschend entspannt wurden die vielen Workshops im 1. und 2. OG besucht. Die Teilnehmenden schlenderten durch die R?ume, verweilten, beobachteten, probierten viele Ideen aus oder besch?ftigen sich intensiv mit einer Sache. Die Tagungsmappe bot ein Heft, das exakte Angaben zu den einzelnen Stationen lieferte, sowie eine ?bersicht zu den jeweiligen R?umen, um sich zurechtzufinden. Zu den umfangreichen Projektbeschreibungen an den Stationen wurden Kontaktdaten zur Verfügung gestellt, um einen langfristigen Austausch zu initiieren.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine einstündige Podiumsdiskussion mit allen Beteiligten zum Werken an den Schulen und in den Ausbildungsinstitutionen. Neben den Vortragenden waren Konrad Huber, Leitender Ministerialrat im Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, Bereich Realschule, Simone Eder, Studienr?tin (RS) am Staatsinstitut für Schulqualit?t und Bildungsforschung (ISB), Abteilung Realschule, Referat sprachlich-musisch-?sthetischer Bereich, Arbeitsbereich Werken, Wolfgang Schiebel, Realschullehrer, Stellvertretender Landesvorsitzender und Webmaster des BDK Bayern, Fachverband für Kunstp?dagogik e.V., Alois P?bl, Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern, Leitung Fachbereich Werken, Technik, sowie Renate Stieber, Seminarrektorin, Zentrale Fachleiterin Kunst und Werken in der 2. Phase der Lehrerbildung beteiligt. Die Moderation übernahm Prof. Dr. Constanze Kirchner, Universit?t Augsburg, Lehrstuhl für Kunstp?dagogik. Diskutiert wurde über Zukunftsperspektiven sowie über die Bedingungen des Fachs Werken (und Design) an den Schulen und in der Ausbildung. Insbesondere interessierte der berufsprop?deutische Nutzen der Lerninhalte und Aufgabenstellungen in diesen Bereichen. Damit verbunden waren Fragen an die Ausbildenden hinsichtlich ihrer fachlichen und didaktischen Vorstellungen, curriculare Fragestellungen zum Werken an verschiedenen Schularten, Rückfragen an die Vortragenden aus dem Publikum sowie ?berlegungen zur zukünftigen inhaltlichen Ausgestaltung und Schwerpunktsetzung in den Schulf?chern Werken und Kunst/Design.
So ein Tag funktioniert nicht ohne zahlreiche flei?ige und überaus engagierte Helferinnen und Helfer, die jederzeit für Fragen zur Verfügung standen und auch nicht ohne ein Lehrstuhl-Team, das den gesamten Tag gewinnbringend mitgestaltete.
Insgesamt kann von einem gro?artigen Erfolg des Werkp?dagogischen Tages gesprochen werden. Er führte zu nachhaltigem Austausch und trug durch die zahlreichen Vergleichsm?glichkeiten der Werkstücke zur Qualit?tssicherung im Fach Werken bei. Es wurde deutlich, was fachliche Kompetenz bedeutet, wie relevant die Werkstoffkunde ist, um neue Materialien ad?quat zu nutzen, dass es der Probleml?sekompetenz bedarf, um Innovationen zu generieren und dass nicht zuletzt das Zusammenspiel vieler Beteiligten erforderlich ist, um Kulturleistungen zu generieren. Hierfür legt der Werk-/Designunterricht entscheidende Grundlagen. Diese Ergebnisse der Veranstaltung werden in die fachdidaktische Forschung hineinwirken, denn vielerlei innovative Arbeitsmaterialien wurden zum unmittelbaren Einsatz in der Ausbildung zur Verfügung gestellt. Durch die Partizipation politischer Entscheidungstr?ger*innen k?nnen darüber hinaus curriculare Diskurse und die Lehrplanentwicklung profitieren.
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Constanze Kirchner
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Gef?rdert durch:
Gesellschaft der Freunde der Universit?t Augsburg
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BDK-Bayern